Defekte Federspeicher (aka Bulleneier)

Aus W124-Archiv
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Wird die Membran in den Federspeichern undicht, verschwindet das Gaspolster, das gesamte Volumen wird daraufhin vom inkompressiblen Hydrauliköl eingenommen. Als Folge davon wird die Achse steinhart, bei jeder Bodenwelle fühlt man die Füllungen in den Zähnen und großgewachsene Menschen machen Bekanntschaft mit dem Fahrzeugdach. Dieser Fahrzustand soll wirklich sehr unangenehm sein.

Die Montage neuer Federspeicher ist eine Angelegenheit, die vor allem dreckig ist. Man muß von unten die Verschraubungen lösen und dann läuft einem das Öl über die Arme und kleckert auf den Kopf, das ist echtes hardcore wrenching. Hinzu kommt, daß die Verschraubungen der Hydraulikleitungen meist festgerostet sind und man die berühmten doppelt gekröpften Winkelfinger braucht, um überall heranzukommen.

Eine komplette Kurzanleitung zum Wechseln der Federspeicher brachte Jürgen am 22.03.2002:

Bei meinem 124 TD Bj. 1989 brauchte ich zum Lösen der Leitung, die zum Regler geht, einen geraden offenen 11er Ringschlüssel. Zum Lösen der Hydraulikleitung, die zu den Stossdämpfern geht, einen 10er Inbus (am besten 1/2" Nuss) und zum Lösen der Muttern, mit denen die Speicher am Blech befestigt sind, ein langen 10er Steckschlüssel.
Für die Reparatur sind übrigens Hebammenfinger hilfreich, zudem leckt einem ständig Hydrauliköl am Arm 'runter bzw. in's Gesicht. Wer die Reparatur trotz allem selbst machen will, sollte wissen: Hinterräder müssen entlastet sein. Restdruck (der 30 Bar sein kann!) über die Entlüftungsschraube, die oben auf dem Regler sitzt, mithilfe eines geraden 11er Ringschlüssels und eines Plastikschlauches (wie früher bei'm Bremsen entlüften) vorsichtig und langsam in einen Behälter ablassen. Zuvor Hydraulikölstand prüfen.
Die Federspeicher, die außer an den beiden Hydraulikleitungen (1x von unten mit M14 Hohlschraube, Leitung zum Stossdämpfer und 1x von der Seite zum Regler mit einer Überwurfmutter, zu bearbeiten mit 11er offenem Ringschlüssel) mit je 3 M6 Muttern von unten befestigt sind, werden nach oben herausgenommen. Dazu den mit 6 Schrauben befestigten Kofferraumboden vor der 2. Schmugglerklappe entfernen. 2 Schrauben sitzen ziemlich versteckt neben dem Schanier der Klappe, zum Abschrauben die Klappe halb öffnen.
Beim Lösen der Hydraulikleitungen Schüssel unterstellen und Hydrauliköl auslaufen lassen. Wenn die Federspeicher kaputt sind, sind diese fast voll davon. Vom ausgebauten Speicher den Gummiring auf den neuen umbauen, neue Kupferdichtringe für die Hohlschraube verwenden. Der schwierigste Teil der Reparatur ist das Wiederverschrauben der Hydraulikleitung die zum Regler geht. Vor allem beim rechten Federspeicher kommt man schlecht ran.
Wenn man die Überwurfmutter nicht gerade ansetzt, kriegt man das System (auf dem bei Belastung 200bar Druck sind) nicht dicht und ruiniert zudem das Gewinde des Federspeichers und der Überwurfmutter. Im schlimmsten Fall: noch einen Federspeicher kaufen und zudem eine neue Leitung.
Das Anzugsmoment der Hohlschraube sollte 49Nm betragen. Nach Abschluss der Reparatur Motor anwerfen und mir erhöhter Leerlaufdrehzahl mind. 1/2 Minute laufen lassen. Alles dicht? Hydraulikölstand kontrollieren. Motor aus. System an der Entlüftungsschraube vorsichtig (hoher Druck) entlüften.
Fertig.

Hinzuzufügen ist von meiner Seite nur, daß man bei der Gelegenheit das Hydrauliköl gleich wechseln könnte, jedoch kenne ich keine "gute" Prozedur dafür. Entsprechendes Hydrauliköl erhält man bei DC, die zu verwendende Sorte sollte der Teileonkel aus der Fahrgestellnummer erkennen können (wozu braucht er sie sonst?), sie steht aber auch direkt auf dem Vorratsbehälter.

Den Leidensweg von "Opi" Dieter kann man in diesem alten Beitrag vom 04.12.2000 verfolgen.

Autor: Christian Martens