Bremsanlagen der Baureihen W201 und W124

Aus W124-Archiv
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Achtung:

Dies ist keine Umbauanleitung und keine Aufforderung dazu, Veränderungen an der Bremsanlage eines Fahrzeuges durchzuführen. Dieser Text stellt eine Wissenssammlung dar, die dem interessierten Anwender konzentriert bestimmte Informationen zur Verfügung stellt.

Arbeiten an der Bremsanlage eines Fahrzeuges dürfen nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden! Im Zweifel hängt Ihr (und vor allem auch mein) Leben an der Sorgfalt der von Ihnen ausgeführten Arbeiten.

In Deutschland sind Fahrzeuge mit Veränderungen an der Bremsanlage unverzüglich dem TÜV oder der DEKRA vorzuführen, damit die vorgenommenen Änderungen begutachtet und legalisiert werden.


Attention:

The following text is not a how-to or a step by step tutorial. The data shown below is based on and valid for the German or European (and only for the LHD) version of the cars.

Technical details, modelyear and model designation may be different in your country.


Dave Meimann made a comprehensive compilation of data for the North American market, his table of brake data can be found here: http://www.w124performance.com/docs/mb/W124/124_brakes.pdf

Dave's tables, desciptions and photos (he has a lot of them on his page http://www.124performance.com) as well as the discussion with him in the internet forums have really been a great inspiration.

Thank you Dave.


If you work on the brake system of your car you should know what you are doing. Don't risk your health or life.

Take care and enjoy.


Einführung

Mit der Vorstellung der Baureihe W201 im Dezember 1982 brachte Mercedes eine ganze Reihe von Neuerungen, die in den folgenden Jahren auch in andere Baureihen einflossen. Im folgenden soll es um die Bremsanlage gehen.


Der W201 wurde mit einem neu konstruierten Bremskraftverstärker (im Daimlersprech Bremsgerät genannt) ausgestattet. Dieser BKV war kleiner und leichter, als die bis dahin verwendeten Bauformen. Der Hauptbremszylinder war aus Leichtmetall gefertigt und ebenfalls kleiner und leichter als bisher.


Der W201 wurde an der Vorderachse mit sog. Faustsattelbremsen (Schwimmsattelbremsen) ausgestattet, während alle anderen PKW des Konzerns damals an der Vorderachse über Festsattelbremsen verfügten.


Die Neuerungen waren bei den Bremsen so angelegt, daß sie durch einfache Skalierung und ohne konstruktive Änderungen auch in größere / schwerere Fahrzeuge verbaut werden konnten, ein Baukasten war begründet.


Der im Dezember 1984 vorgestellte W124 erhielt dieselbe Vorder- und Hinterachse, wie der W201, verschiedene Teile waren verstärkt oder den geometrischen Abmessungen (Spurweite) des größeren Fahrzeuges angepaßt. Konstruktiv sind die Fahrwerke und Bremsanlagen völlig identisch, Querlenker / Federlenker sowie Achsschenkel / Radträger und Naben findet man oft als Gleichteile in mehreren Baureihen verwendet.


Im Herbst 1989 gab es die erste Modellpflege beim W124 und den ersten Motor mit 24 Ventilen (Sechszylinder Reihe mit jeweils vier Ventilen pro Topf, Leistung bei 220 PS) sowie ab 1991 mit dem 500E den ersten Achtzylinder in der Mittelklasse, gleichzeitig löste 1989 die Baureihe R129 den R107 ab und bereits im Frühjahr 1989 war mit dem 190E 2.5-16 Sportevolution (später EVO I genannt), ein auf 500 Stück limitiertes Evolutionsmodell für den Motorsport vorgestellt worden.


Die neuen und leistungsstarken Modelle erhielten nun Vierkolben Festsattelbremsen auf der Vorderachse, dies stellte zwar eine konstruktive Änderung dar, jedoch lassen sich die Festsattelbremsen an die bisherigen Achsteile verbauen. Der Baukasten wuchs.


Die verwendeten Festsattel-Bremsanlagen erfahren nochmals eine Steigerung, als im R129 der Zwölfzylinder 600SL eingeführt wird. Diese Bremsanlage, die dann auch für den 500E und den E60 AMG übernommen wurde, stellt die größte Ausbaustufe des hier behandelten Baukastens dar.


1993 läuft die Baureihe W201 aus und wird durch den W202 ersetzt, 1995 läuft die Baureihe W124 aus und wird durch den W210 ersetzt. Die vorderen Bremsanlagen der Baureihen W202 und W210 sind nicht beim W201 oder W124 verwendbar, da die neueren Anlagen in Fahrtrichtung vorne (vor dem Rad) montiert sind, während die älteren Modelle die Bremssättel in Fahrtrichtung hinten (hinter dem Rad) montiert hatten.


Vierkolben Festsättel haben zwei verschieden große Bremskolben, die in einer bestimmten Reihenfolge angefahren werden müssen, nämlich der kleinere Kolben in Drehrichtung zuerst. Eine Montage über Kopf (wie es nötig wäre, um z.B. die Sättel des W202 AMG C36 auf einem W124 zu montieren) verbietet sich daher aus technischen Gründen, obwohl es rein geometrisch möglich wäre.


Beim W140, der 1992 vorgestellt wurde, werden ebenfalls interessante und große Bremsen verbaut, jedoch sind die geometrischen Daten (Topftiefe der Bremsscheibe) zu unterschiedlich, um die Bremsen des W140 ohne Frickeleien auf Fahrzeuge der Baureihen W201 oder W124 verbauen zu können.


Eigenschaften und Unterschiede Faustsattel (Schwimmsattel) / Festsattel

Ein Schwimmsattel (oder Faustsattel, wie er bei Mercedes heißt), ist eine Konstruktion in der ein Rahmenteil (in der Form ähnlich einer Faust) verschiebbar auf einem Träger montiert ist, die Bremskraft wird auf einer Seite durch den (oder die) Bremskolben auf den Belag aufgebracht, auf der anderen Seite wird der Belag über den verschieblichen Rahmen an die Scheibe gedrückt.


Ein Festsattel besteht aus einem montierten Teil, das zwar geteilt gefertigt, aber dann dauerhaft miteinander verschraubt wird. Bremskolben drücken von beiden Seiten der Bremsscheibe gegen die Beläge.


Es gibt beide Konstruktionen in den unterschiedlichsten Größen und sowohl mit einem Kolben pro Seite, als auch mit zwei Kolben pro Seite, Festsättel auch mit drei oder vier Kolben pro Seite.


Als ich während meiner Lehre ca. 1981 das erste Mal die Vorderachse eine Ford Escort MK III (die erste Frontflitsche) unter den Fingern hatte, fragte ich angesichts des „merkwürdigen“ Bremssattels den Gesellen: 'Was ist das denn?' Die Antwort war kurz und knapp: 'Das ist irgendeine Scheiße!'


Von daher ist mein Verhältnis zu Schwimmsattelbremsen von Anfang an gestört gewesen, das hat sich bis heute nicht geändert und beeinflußt natürlich meine technische Meinung hierzu.


Es stellt sich die Frage, warum man Anfang der 80er verstärkt von Festsattel- auf Schwimmsattel wechselte und es gibt nur eine Antwort: es waren die Produktionskosten.


Sieht man sich den konstruktiven und fertigungstechnischen Aufwand an wird sofort deutlich, daß ein Schwimmsattel wesentlich einfacher – sprich billiger – gefertigt werden kann, als ein Festsattel. Ein Schwimmsattel funktioniert, er bremst das Fahrzeug sicher ab. Wenn ich also dieselbe Funktion mit deutlich weniger Aufwand realisieren kann, dann ist der Weg vorgegeben.


Man verbaut also ein technisch einfacheres System, weil es sich billiger herstellen läßt.


Das Beste oder nichts.

So lautete der Wahlspruch von Gottlieb Daimler, der jahrzehntelang die Produkte dieses Hauses entscheidend prägte und den das Marketing der Daimler AG im 21. Jahrhundert wieder verwendete.

An der Bremse der 80er Jahre wird jedoch der zunehmende Einfluß der „Erbsenzähler“ gegenüber den Ingenieuren sichtbar, leider auch in Stuttgart und bei Fahrzeugen von Mercedes.


Es werden offiziell andere Gründe genannt, die die Vorzüge des Schwimmsattels belegen sollen:


So ist der Bauraum radseitig geringer, so daß der Lenkrollradius kleiner ausfallen kann. Bekanntlich wurde irgendwann in den 70er Jahren der negative Lenkrollradius als Sicherheitskriterium entdeckt und seither verwendet, ein Reifendefekt führt somit nicht mehr zwangsläufig zum Ausbrechen des Fahrzeuges.


Das Bremsflüssigkeitsvolumen im Sattel / hinter dem Bremskolben befindet sich komplett auf der Radinnenseite und kann dort besser gekühlt werden, als wenn es an der heißen Bremsscheibe vorbei auch in die äußere Kammer geführt werden müßte. Die Standfestigkeit der Bremsanlage würde dadurch verbessert.


Diese Argumente sind jedoch nicht zwingend, da die hochmotorisierten Fahrzeuge der hier beschriebenen Baureihen doch wieder mit Festsätteln ausgestattet wurden, die Probleme Lenkrollradius, Bauraum und Standfestigkeit sind also auch anders (jedoch aufwendiger und damit eben teurer) lösbar, als zwingend durch einen Schwimmsattel.

Manche Fahrzeughersteller verwenden auch bei schweren und schnellen Fahrzeugen Schwimmsättel, auf einem Porsche habe ich sie aber noch nie gesehen und im Motorsport gibt es ausschließlich Festsattelbremsen.


Das große Manko der Schwimmsättel ist jedoch, daß sie eine weitere bewegliche Konstruktion darstellen und sich bei Bremsbetätigung erst in sich verspannen und verdrehen können und müssen. Das Ergebnis ist dann, daß der Weg des Bremspedals deutlich verzögert zur Fahrzeugabbremsung führt, und sich soweit verlängert, bis die Lose im Sattel überwunden ist.


Die Schwimmsättel werden daher auch ganz zu recht Schwammsättel genannt, man hat das Gefühl, als trete man in einen nassen Schwamm, statt auf eine Bremse.


Es gibt durchaus Schwimmsattelbremsen, die ohne diese Verzögerung arbeiten, die ein festes Pedal und kurze Pedalwege aufweisen und eine deutliche Rückmeldung der zupackenden Bremsbeläge vermitteln. Ich bin selbst schon solche Fahrzeuge gefahren.

Konstruktiv ist das Problem also zu beherrschen, jedoch haben wir es mit realen Bauteilen zu tun, die Fertigungstoleranzen unterliegen, welche im Betrieb naturgemäß nicht besser werden.


Leider gibt aber es diverse glaubhafte Berichte über diese Schwammsattelbremsanlagen, die das miese Bremsverhalten bereits ab der Werksauslieferung des Neufahrzeuges oder auch nach einer aufwendigen Komplettsanierung bescheinigen.

Ich halte das nicht für akzeptabel und die Festsattelbremse für das klar bessere Konzept.

Das Beste oder nichts.


Bremsleistung

Die Leistung einer Bremsanlage hängt von ihrer geometrischen Größe ab, von den verwendeten Reibpaaren Bremsbelag / Scheibe und dem Druck, mit dem die Reibpaare aneinander gepreßt werden. Von daher gilt, je größer, desto besser.


Allerdings sollte ein Fahrzeug nicht überbremst sein, eine „normale“ Bremsbetätigung sollte nicht zu blockierenden Rädern oder ständig ratterndem Einsatz des ABS führen.


Die Leistung der Bremsanlage insgesamt muß also an das Fahrzeuggewicht angepaßt sein.


Weiterhin gibt es entscheidende Unterschiede zwischen der Vorderradbremse und der Hinterradbremse. Durch die dynamische Laständerung beim Bremsen kann die Vorderachse wesentlich stärker abgebremst werden ohne zu blockieren, als die Hinterachse.

Ein Blockieren der Hinterräder führt zu einem instabilen Fahrzustand (Verlust der Seitenführungskräfte an den nicht lenkbaren Rädern oder anders gesagt: ein Abflug ist sehr wahrscheinlich) und muß daher konstruktiv vermieden werden.


Um ein Überbremsen der Hinterachse auszuschließen, wird die Bremse hinten deutlich schwächer dimensioniert, als die Bremse vorne. Eine Bremskraftverteilung von rund 70% vorne und 30% hinten ist die übliche Auslegung bei den serienmäßigen Fahrzeugen dieser Baureihen.


Mercedes hat hier auf Bremskraftregler oder Bremskraftbegrenzer verzichtet, wie sie sich bei manchem anderen Hersteller finden. Die Bremsleistung hinten ist also auf den schlechtesten Fall und damit auf das bis auf den Fahrer leere Fahrzeug auszulegen.


Die Gesamtzusammenhänge sind wesentlich umfangreicher, als ich das hier mit ein paar wenigen Sätzen darstelle. Allerdings reichen diese Aspekte bereits, um die Gefahren bei Umbauten an der Bremsanlage zu verdeutlichen.


Vergrößert man allein die Bremse vorne, verringert man die Gesamtabbremsung des Fahrzeuges.


Vergrößert man allein die Bremse hinten, provoziert man einen Abflug durch blockierende Hinterräder.


Zur Verbesserung der Bremsleistung eines Fahrzeuges ist es daher notwendig, nicht einfach „irgendetwas Großes“ zu verbauen, sondern sich der an größeren Fahrzeugen verwendeten Komponenten vorne und hinten zu orientieren.


Für Motorsportzwecke mit geringen dynamischen Laständerungen der Achsen und geringeren Änderungen des Beladungszustandes kann die Bremsbalance natürlich nach hinten verschoben werden, gleichzeitig kann bei Verwendung entsprechender Reifen (Slicks oder Semislicks) die auf die Straße übertragbare Bremsleistung deutlich angehoben werden.


Veränderungen an der Bremsanlage

Es mag verschiedene Gründe für Veränderungen an der Bremsanlage geben, alle laufen darauf hinaus, eine bessere, also kräftigere und standfestere Bremse zu erhalten. Ein kurzer und satter Pedalweg sollte erzielt werden.


Wie oben bereits beschrieben, wird die Bremsanlage ab Werk so ausgelegt, daß das Fahrzeug nicht überbremst. Dabei ist das wichtigste Teil der Kraftübertragung der Reifen.


Nun hat sich in der Reifenentwicklung seit den 80er Jahren soviel getan, die mit aktuellen Reifen auf die Straße übertragbaren Kräfte sind dermaßen gewachsen, daß die Bremsen aus der Zeit mit den heutigen Reifen überfordert sind.


Während früher bei einem bestimmten Pedaldruck der Reifen einfach blockierte oder das ABS den Bremsdruck limitierte um ein Blockieren zu verhindern und der Fahrer dann die Bremse löste, kann der heutige Reifen viel höhere Kräfte übertragen, ohne zu blockieren. Als Konsequenz daraus kann ich die Bremse selbst im neuwertigen Zustand ganz einfach überfordern, indem ich die Kraftübertragsmöglichkeiten des Reifens ausnutze. Überhitzung und Zerstörungen an Belägen und Scheiben sowie thermische Überlastung der Bremsflüssigkeit sind die Folge, die Bremse verschleißt durch die Überlastung stark oder fällt sogar komplett aus, das Pedal sackt zum Boden ohne daß das Fahrzeug entsprechend verzögert.


Bewegt man sein Fahrzeug zügig auf öffentlichen Straßen und ist genervt vom grundsätzlich weichen oder schwammigen Bremspedal, von der ratternden Bremsscheibe schon nach einer kräftigen Abbremsung aus höherer Geschwindigkeit, so braucht man eine optimierte Bremsanlage.


Sofern man sein Fahrzeug sportlich bewegt, ggfs. bei sog. Testtagen oder Freiem Fahren auf abgesperrten Strecken, braucht man verbesserte Bremsleistung und gleichzeitig höhere Standfestigkeit. Dies erreicht man nur mit einer größeren Bremse.


Es gibt Anbieter von Bremsanlagen zum Nachrüsten, die toll aussehen (für viele ist das ja ein wichtiger Aspekt) und natürlich auch besser bremsen, wie z.B. die (deutsche) Firma Mov.It


Hier soll es aber um Modifikationen gehen, die sich möglichst mit Komponenten von Mercedes-Fahrzeugen bewerkstelligen lassen.


Bremsentuning

Tuning ist im klassischen Sinne die Abstimmung und Optimierung des vorhandenen Materials – und nicht das Anbauen von irgendwelchen Teilen aus dem Zubehörhandel. In dieser Bedeutung wird hier von Bremsentuning die Rede sein.


Bei Bremsen handelt es sich um klassische Verbrauchskomponenten, jeder Tritt auf das Bremspedal bedeutet Reibung und damit Verschleiß an Belag und Scheibe.


Ein Tuning sollte also damit beginnen, gutes Basismaterial auszuwählen und zu verwenden.


Gute Bremsscheiben gibt es von Mercedes selbst (zumindest früher wurden Bremsscheiben dort selbst gegossen) oder von ATE. Gute Bremsbeläge gibt es von ATE, Jurid oder Textar, auch Mercedes kauft dort ein.


Die Sättel müssen an entscheidenden Stellen sauber sein, dies betrifft die Gleitflächen für die Klötze und ggfs. die Flächen, auf denen der Faustsattel auf dem Bremsträger gleitet.


Bei Schwimmsattelbremsen ist darauf zu achten, daß die Konstruktion möglichst spielarm sein muß.

Ist zuviel Spiel zwischen Rahmen und Sattel, so führt dies zu dem bekannt schwammigen Pedalgefühl mit langen Wegen und verzögertem Ansprechverhalten. Läßt sich durch Reinigung keine Spielfreiheit mehr erzeugen, ist ein Austausch des Sattels oder besser gleich ein Umbau auf eine „richtige“ Bremse, also auf eine Festsattelbremse vorzunehmen.


Die Gummimanschetten an den Bremskolben dürfen keine Beschädigungen aufweisen, weil der Kolben sonst vergammelt und schwergängig wird, bis zum ungewollten Dauerbremsen oder gar Blockieren des Rades.

Die Gummimanschetten an den Gleitbolzen der Schwimmsättel dürfen aus ähnlichen Gründen ebenfalls keine Defekte aufweisen.


Diese Gummimanschetten gibt es bei Mercedes oder von ATE zu kaufen.


Die Bremsflüssigkeit muß laut Herstellervorschrift jedes Jahr gewechselt werden. Da Bremsflüssigkeit hygroskopisch ist, also Wasser aufnimmt, ist diese Regel auch zu befolgen, um die Betriebssicherheit der Bremsanlage in allen Betriebszuständen (also auch bei Fahrt mit Anhänger bergab) zu garantieren.

Sofern das Fahrzeug über ein Schaltgetriebe verfügt, sollte gleichzeitig die Flüssigkeit in der Kupplungsbetätigung gewechselt werden, das wird oftmals vergessen und rächt sich irgendwann.


In eine Straßenbremse gehört Bremsflüssigkeit nach DOT 4, der Hersteller ist beliebig, die Flüssigkeiten verschiedener Hersteller sind untereinander mischbar.


Bremsschläuche sind bei Serienausstattung aus Gummi und altern, werden rissig und brüchig, bekommen vielleicht sogar Beulen und müssen dann ersetzt werden. Man kann von außen nicht sehen, daß Bremsschläuche innen aufquellen und quasi zuwachsen. Der verengte Querschnitt behindert oder verhindert den leichten Rückfluß der Bremsflüssigkeit nach Lösen des Pedals und führt somit zu erhöhtem Verschleiß oder sogar zur Überhitzung der Bremsanlage bis zum Ausfall.


Es gibt sog. Stahlflex-Bremsschläuche, ein dehnungsarmer Teflonschlauch ist von einem Stahlgewebemantel umgeben und möglichst noch mit einem Kunststoffschlauch vor mechanischen Einflüssen geschützt. Es gibt diese Leitungen inzwischen sogar mit ABE, zumindest aber mit Papieren zur Eintragung.


Vorteil der Stahlflexschläuche ist, daß sie unter Druck kaum nachgeben, also den Bremsdruck (eigentlich die Volumenbewegung) ungemindert an die Bremszangen weitergeben und dadurch ein direktes Ansprechen der Bremse unterstützen. Sie sind (bei Kunststoffummantelung) deutlich haltbarer als die Standardschläuche, kosten dafür jedoch wesentlich mehr als diese.

Für die Menschen mit bestimmten modischen Vorlieben gibt es die Ummantelung in verschiedenen Farben, neben klassischem Schwarz gibt es z.B. auch Rot, Blau, Grün und Gelb.

Die Leitungen von Goodridge gibt es mit ABE, dafür ohne Kunststoffummantelung, während Alfred Dickhaut Leitungen mit Kunststoffummantelung anbietet, die per Einzelabnahme problemlos eingetragen werden können.


Das äußere Erscheinungsbild eines Bremssattels ist für das vorschriftsmäßige Funktionieren ohne Belang. Die Sättel haben ab Werk nur einen geringen Korrosionsschutz, sie oxidieren mit den Jahren und werden zunehmend durch den sich ablagernden Bremsabrieb verunstaltet.

Wenn das jemanden stört, kann man die Sättel mechanisch oder chemisch säubern und anschließend neu lackieren, wobei sich temperaturbeständige Farbe anbietet.

Allerdings: auch der schönste in Ferrari-Rot lackierte Bremssattel bremst nicht besser, als sein technisch gleichwertiger aber schmutziger Bruder. Man muß eben Schwerpunkte setzen.


Aufstellung der Bremsanlagen ab Werk

In den folgenden Tabellen finden sich für die Fahrzeuge der Baureihen W201, W124 und R129 die verwendbaren Ausführungen von Bremssätteln und Scheiben vorne und hinten sowie der dazugehörigen Hauptbremszylinder und Bremsgeräte (Bremskraftverstärker).

Die Versionen des späten E500 oder R129 mit umschaltbarem Hauptbremszylinder oder mit ESP sind nicht aufgeführt, da sie ohne die zusätzliche Elektronik in den älteren Modellen nicht verwendbar sind.


Faustsattelbremsen Vorderachse

Aufstellung der Faustsattelbremsen Vorderachse
Typ Hersteller Kolben ø Scheiben ø Scheiben­dicke
201.018 201.022
201.023 201.034
201.122 201.126
ATE

Girling

Lukas

54mm 262mm 11mm
201.028 201.029
201.128
Girling

Lukas

54mm 262mm 22mm
124.003 2) 124.004 2)
124.020 124.021
124.023 2) 124.041
124.043 2) 124.080
124.081 124.083 2)
124.10 4) 124.120
124.125 124.026
124.130 124.180
124.185 124.186
124.190
ATEGirlingLukas 54mm 284mm 12mm
124.003 3) 124.004 3)
124.007 124.019
124.022 124.023 3)
124.026 124.027
124.028 124.030
124.040 124.042
124.043 3) 124.050
124.060 124.062
124.079 124.082
124.083 3) 124.088
124.090 124.10 5)
124.127 124.128
124.129 124.131
124.133 124.188
124.191 124.193
124.2 124.3
201.034 201.035
ATE

GirlingLukas

54mm 284mm 22mm
2) bis 06/88

3) ab 07/88

4) bis 09/90

5) ab 10/90

Die Faustsattelbremsen unterscheiden sich hauptsächlich im Durchmesser der Bremsscheiben, der Bremskolben hat immer 54mm Durchmesser. Durch die unterschiedlichen Scheibendurchmesser und -stärken sind die verschiedenen Bremszangen aber nicht untereinander austauschbar.


Unterschiedliche Bremswirkung ergibt sich durch den unterschiedlichen Wirkradius, an dem der Bremskolben angreift. Je größer der Scheibendurchmesser, desto größer der Wirkradius, desto größer die Bremswirkung bei gleichem Pedaldruck.


Die Scheiben mit 22mm Stärke sind innenbelüftet, die anderen massiv. Die stärkeren und insbesondere die innenbelüfteten Scheiben sind standfester, da sie mehr Wärme aufnehmen und diese auch schneller abgeben können, als die dünneren und massiven Bremsscheiben.


Die größte Version dieser Bremse ist die des 300E oder 190E 16V.


Eine Aufrüstung auf große Faustsattelbremse bietet sich mMn nur bei den kleinsten Bremsen an, wenn belüftete Scheiben gewünscht werden oder der originale Ersatz grade nicht greifbar ist.


Festsattelbremsen Vorderachse

Aufstellung der Festsattelbremsen Vorderachse
Typ Hersteller Kolben ø Scheiben ø Scheiben­dicke
124.008 8) 124.029 8)
124.031 124.032 8)
124.034 3) 124.051
124.052 8) 124.061
124.091 124.092 8)
ATE 38mm / 42mm 295mm 22mm
124.008 9) 124.029 9)
124.032 9) 124.034 4)
124.052 9) 124.066
124.092 9)
ATE 38mm / 42mm 294mm 25mm
124.036 5)
129.05 10) 129.06 10)
201.036 2)
ATEBrembo 2) 38mm / 42mm 300mm 28mm
2) Leichtmetall- Bremssattel nur 124.036 bis 01/93, 201.036 Evolution II

3) (J) (USA) Modelljahr 1992

4) bis 02/93, (J) (USA) ab Modelljahr 1993

5) bis 01/93 und (J) (USA)

8) bis 10/92

9) ab 11/92

10) bis 03/98

Alle verwendbaren Festsättel haben 38mm/42mm Kolben und somit identisches Volumen.

Die unterschiedlichen Scheibendurchmesser sind fast zu vernachlässigen, die unterschiedlichen Scheibenstärken machen sich jedoch in der thermischen Belastbarkeit bemerkbar.


Die erste Vierkolben-Festsattelbremse erschien Ende 1989 für den 300E-24 und wird daher auch 24V-Bremse genannt.


Man erkennt diese 24V-Sättel daran, daß außen auf dem Gehäuse (auf der Rückseite der beiden Bremskolben) drei Symbole eingegossen sind, auf dem linken Sattel links eine 39, mittig der Stern und rechts ATE bzw. ATE, Stern und 40 auf dem rechten Sattel.


Ende 1992 wurde diese Bremse nochmals leicht modifiziert, die Scheiben wurden drei Millimeter stärker und damit etwas standfester. Die Sättel wurden der dickeren Scheibe angepaßt. Die Bremse wird auch 320E-Bremse genannt.


Man erkennt die späteren Sättel daren, daß mittig nur der Stern eingegossen ist und die Ziffern (57 linker Sattel und ? rechter Sattel) sowie ATE kleiner, weiter außen und unten auf dem Gehäuse stehen.


Von innen erkennt man die späten Sättel daran, daß mittig zwischen den Bremskolben ein Steg verläuft, im montierten Zustand liegt dieser Steg vor den Lüftungsöffnungen der Bremsscheibe.


Die Bremse mit dem größten Scheibendurchmesser ist die stärkste, gleichzeitig hat sie durch eine Scheibendicke von 28mm die höchste Standfestigkeit. Sie wird als 500er-, SL- oder EVO-Bremse bezeichnet und fand sich bis Anfang 1998 in jedem SL / R129.


Die Leichtmetallbremssättel von Brembo wiegen gut die Hälfte des vergleichbaren Stahlsattels, die geringeren ungefederten Massen sind für die Fahrdynamik von Vorteil. Die Brembos gab es nur im 500E bis 01/1993 und in den EVO II Modellen (von denen nur 502 produziert wurden), sie sind daher relativ selten aufzutreiben und somit teuer.


Man erkennt die Leichtmetallsättel von Brembo ganz leicht an ihrer Form, Erscheinung und Farbe, sie sind rundlich, glatt und glänzend Schwarz lackiert, in der Mitte auf der Erhöhung ist ein weißer Stern aufgedruckt.


Die Stahlsättel aus dem R129 (bzw. späten 500E oder 190E EVO) findet man häufiger, solange man keinen (Hobby-) Motorsport mit den Bremsen betreiben will, sind sie genauso gut, wie die Leichtmetallversion.


Die Stahlsättel von ATE haben auf der Erhebung wieder Zahlen eingegossen, 33 linker Sattel, 34 rechter Sattel, mittig jeweils einen kleineren Stern. Man kann sie auch an den Versteifungsrippen erkennen, sie haben drei „Finger“ oben und unten, währen die beiden 24V-Sättel nur zwei „Finger“ haben.


Interessant ist, daß in den USA damals sämtliche 500E auf Gewährleistung von Leichtmetall- auf Stahlsättel umgerüstet wurden, weil es angeblich Geräuschprobleme gegeben haben soll. Auf dem dortigen Gebrauchtmarkt werden die Brembos heute in Gold aufgewogen, da sie fast nicht zu bekommen sind.


Es gibt Vierkolben-Festsattelbremsen mit ///AMG-Schriftzug, diese stammen vom W202 C36 u.ä. Bei Fahrzeugen der Baureihen W202 und W210 sind die Bremssättel vor der Achse montiert und daher anders aufgebaut.


Mehrkolben Festsattelbremsen werden immer so ausgelegt, daß der auflaufende Kolben einen geringeren Durchmesser hat, als der ablaufende Kolben. Bei den hier genannten Systemen sind dies 38mm auflaufend und 42mm ablaufend.


Die Sättel aus der Baureihe W202 würden im W201 / W124 über Kopf so montiert, daß der 42mm Kolben der auflaufende ist. Dies führt zu ungleichem Andruck des Bremsklotzes und somit zu Geräuschen, vorzeitigem Verschleiß und lokaler Überhitzung. Von der Montage der Sättel aus dem W202 AMG C36 u.ä. ist daher abzuraten.

Festsattelbremsen Hinterachse

Aufstellung der Festsattelbremsen Hinterachse
Typ Hersteller Kolben ø Scheiben ø Scheiben­dicke
124.01 124.02
124.030 124.04
124.050 124.120
124.125 124.126
124.128 124.13
124.226 124.230
124.33
201.01 201.02
201.1
201.034 201.035
ATEBendix 35mm 258mm 9mm
124.092 5)
ATE 36mm 290mm 10mm
124.003 124.004
124.007 124.027
124.031 124.032
124.051 124.052
124.06 124.07
124.08 124.090
124.10 124.127
124.129 124.18
124.19 124.29
124.39
201.036
ATE 38mm 278mm 9mm
124.091 124.092 4)
ATE 42mm 278mm 20mm
2) bis 01/93 und (J) (USA)

3) ab 02/93 außer (J) (USA)

4) bis 03/95

5) ab 04/95

Der übliche Bremssattel hinten hat 35mm Kolbendurchmesser, arbeitet auf einer massiven 258mm Scheibe und findet sich in praktisch allen W124 Limousinen und Coupés sowie den W201.


Der nächst größere (gängige) Bremssattel ist der mit 38mm Kolbendurchmesser für eine 278mm Scheibe und findet sich in jedem W124 T-Modell sowie den 190E EVO-Modellen I und II.


Der größte Sattel mit 42mm Kolbendurchmesser findet sich im 300TE-24 sowie in den frühen E320-T-Modellen, er arbeitet dabei auf eine innenbelüftete 278mm Scheibe. Diese Sättel sind relativ selten zu finden, die Scheiben teuer.


Das späte E320-T-Modell bekam dann die Bremse des W210 mit massiver aber nochmals größerer Scheibe.

Bremsgerät und Hauptbremszylinder

Aufstellung Bremsgerät und Hauptbremszylinder
Typ Bremsgerät


Verstärker ø
Verstärkungs­fakor
Vorderachse Zylinder ø Hinterachse

Zylinder ø

124. 1)
201.029 RL
201.034 RL
201.035 RL
ATE T52/ 4A/255

Lukas LSC 80

254mm

10"


3,85

15/16"

23,81mm

3/4"

19,05mm

201.018 201.023
201.024 201.028
201.122 201.126
201.128
Lukas LSC 65

Bendix Isovac

ø 225

228,6mm

9"


3,85

7/8"

22,22mm

11/16"

17,46mm

124.003 124.004
124.007 124.008
124.027 124.029
124.104 124.105
124.106 124.107
124.124 124.129
201.029
201.034 201.035
ATE T52/ 4A/225-210

Lukas LSC 115

203/229mm

8"/9"


4,5

15/16"

23,81mm

3/4"

19,05mm

124.034 124.036 2)
126 3)
129
201.036
ATE T52/ 4A/225-210

Lukas LSC 115

203/229mm

8"/9"


5,6

1"

25,4mm

3/4"

19,05mm

1) außer 124.027/029/034/036/127/129/

124.003/004/007/008/104/105/106/107 LL

2) bis 01/93 und (J) (USA)

3) ab 08/89

Der gemeine W124 hat einen 10" Bremskraftverstärker und einen Hauptbremszylinder mit 24mm/19mm Kolbendurchmesser.


Mit dieser Kombination wird sowohl ein 200D mit der kleinsten Bremse, als auch ein 300TE-24 mit Vierkolben-Festsattel vorne und 42mm Kolbendurchmesser hinten angetrieben. Eine (noch) größere Kombination Hauptbremszylinder / Bremskraftverstärker ist also beim Umbau auf 24V-Bremse nicht nötig.


Die Achtzylindermodelle im W124, alle W126 ab 08/89, die R129 und die 190E EVO-Modelle haben eine größere Kombination Hauptbremszylinder / Bremskraftverstärker, um mehr Kraftunterstützung zu geben und den Pedalweg gegenüber der 10"-Variante etwas zu verkürzen.


Die Doppelkammer-Bremskraftverstärker für einige W124 Langversionen oder die 190E Sechzylinder und Sechzehnventiler bringen etwas mehr Kraftunterstützung, als die 10" Variante, jedoch weniger als der große Bremskraftverstärker.

Bremsleitungen

Die Bremsleitungen unserer Fahrzeuge bestehen bis zu den Verbindungspunkten mit den Bremsschläuchen aus kunststoffbeschichteten Stahlleitungen. Man kann die Bremsleitungen neu bei Mercedes erwerben und erhält dann gebördelte Leitungen aus beschichtetem Stahl mit passendem Nippel. Biegen muß man die Teile jedoch selbst und so manche Bremsleitung wurde durch eine andere ersetzt, die auch irgendwie paßt, aber meist nicht ganz so, wie die originale Leitung es tat.

Man kann sich die Bremsleitungen auch selbst anfertigen, entweder aus o.g. Stahlrohr oder aus Kunifer. Man kann diese Leitungen als Meterware kaufen, auch die Nippel gibt es einzeln. Neben dem Material ist das Werkzeug wichtig, Kunifer kann man mit einem einfachen (=billigen) Bördelgerät bearbeiten, für Stahlleitungen benötigt man ein ordentliches Bördelgerät, das erst für Beträge im dreistelligen Eurobereich erhältlich sein wird.

Der Durchmesser der Bremsleitungen beträgt durchgängig 4,75 mm, die Verschraubungen (Nippel) haben ein Gewinde M10x1.

Hope machte sich 2011 im W124-Forum [1] die Mühe, seinen neu erworbenen Bremsleitungssatz hinten für einen 230TE auszumessen. Das Ergebnis ist wie folgt:


Bremsleitungen Limousine / T-Modell
gemessen von Außenkante Bördelung zu Außenkante Bördelung
hinten rechts A123 420 64 28 895mm
hinten links A123 420 57 28 440mm
vom Verbinder Längsträger vorne links zum Verteiler Hinterachse A123 420 78 28 2780mm

Sofern man die Leitungen aus Kunifer herstellt, sind Bremsnippel aus Messing sinnvoll. Allerdings funktionieren Stahlnippel nach Hopes Erfahung auch über mehrere Jahrzehnte.


Umbau der Bremsanlage

Hat man sich zu einem Bremsenumbau entschlossen, weil die Ergebnisse allein durch Bremsentuning nach obiger Anleitung nicht befriedigend sind oder wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen (wenn schon neue Bremssättel, dann vielleicht gleich richtige?!), muß man sich überlegen, wohin die Reise gehen soll.


Variante 1: Aufrüstung für schwache Motorisierungen

Für ein Fahrzeug mit massiven Bremsscheiben vorne mag sich die Umrüstung auf die größte Schwimmsattelbremse aus dem 300E / Sechzehnventiler anbieten. Die Bremsleistung ist etwas besser, die Standfestigkeit der innenbelüfteten Scheiben ist deutlich besser.

Bei Gebrauchtteilen ist zu berücksichtigen, daß viele (wenn nicht die meisten) Schwimmsättel so ausgenudelt sind, daß sich doch wieder ein schwammiges Pedal ergibt. Aber, man kann ja auch Glück haben.


Die hintere Bremse kann unverändert bestehen bleiben, da sie identisch auch beim 300E verbaut ist.


Hauptbremszylinder und Bremskraftverstärker sind vom 300E oder Sechzehnventiler zu nehmen.


Variante 2: Aufrüstung für den engagierten Landstraßenfahrer

Für einen schnell gefahrenen 300E oder E220 sowie einen 190E Sechzehnventiler im „engagierten“ Betrieb auf öffentlichen Straßen bietet sich der Umbau auf 24V-Bremse an, wahlweise die frühe oder späte Version (aber bitte Scheiben und Sättel nicht mischen, das wird nichts).


Die Festkolbensättel sind stabil und wandeln die Pedalbewegung direkt in Verzögerung um. Die Standfestigkeit der Bremsscheibe mit 22mm Stärke ist im Normalbetrieb völlig ausreichend, für starken Dauerbetrieb (wilde Heizerei oder Rennstrecke) jedoch zu gering, ob die 25mm-Scheibe da deutlich besser ist, kann ich nicht beurteilen.


Hinten kann die Standardbremse mit 35mm Sattel bleiben oder man rüstet auf die größere Scheibe und den Sattel mit 38mm vom T-Modell / EVO um.


Allgemein sind die Fahrzeuge so ausgelegt, daß hinten nur sehr schwach gebremst wird, beim vorsichtig gefahrenen „Opiauto“ rosten somit oftmals die hinteren Bremsscheiben kaputt!


Hinten eine Nummer größer zu nehmen, macht sich beim Bremsen sehr angenehm bemerkbar.


Variante 3: große Ausbaustufe (auch) für gelegentliche Rennstreckenbesuche

Treibt man sein Fahrzeug z.B. auf abgesperrter Strecke oft und wiederholt an dessen Grenzen, so sollte man die größten Komponenten verbauen, die erhältlich sind. Diese liefern die beste Verzögerung und sind den Strapazen auch am ehesten gewachsen.


Man nehme also vorne die 300x28er Scheiben mit Brembo-Leichtmetallsätteln vom 500E oder ATE-Stahlsätteln aus dem R129.

Hinten verwende man die innenbelüfteten Scheiben aus dem 300TE-24 mit 42er Sätteln.

Dazu den großen Bremskraftverstärker und Hauptbremszylinder aus einem späten W126 oder R129.


Sofern möglich (Verfügbarkeit und / oder Kosten können ein Problem darstellen), sollte man die Leichtmetallsättel von Brembo verwenden, da sie einige Kilogramm an ungefederter Masse einsparen.


Mit dieser Ausbaustufe kann man auch ein paar Stunden Spaß auf der Nordschleife, dem Lausitz- oder Hockenheimring haben und mit demselben Material wieder sicher nach Hause fahren.


Ich will und kann hier keine Anleitung für Fahren auf einem Rundkurs geben, nur soviel: Gebremst wird kurz und entschlossen.

Dies liefert die beste Verzögerung und damit kurze Bremswege. Vor allem wird damit die thermische Belastung der Bremsanlage auf das Notwendige begrenzt. Zögerliches, langanhaltendes Bremsen oder gar Schleifenlassen ruinieren jede noch so gute Bremsanlage, da sitzt das Problem dann aber hinter dem Lenkrad und nicht unter der Felge!


Hauptbremszylinder und Bremskraftverstärker

Sofern man die Ausbaustufe 1 umsetzt, also ab Werk die kleinsten Komponenten verbaut waren, müssen zwingend Hauptbremszylinder und Bremskraftverstärker des Spenderfahrzeuges (oder gleichwertig) verbaut werden.


Wie oben bereits geschildert, funktioniert der 300TE-24 mit der größten hier diskutierten Bremsanlage vorne und hinten mit der Kombination von Hauptbremszylinder und Bremskraftverstärker, wie im 300E oder 190E 16V ab Werk verbaut.


Eine Änderung dieser Komponenten ist also nicht nötig, wenn man diese „mittlere“ Größe bereits verbaut hat.


Will man jedoch ein bißchen weniger Pedalweg und gleichzeitig ein bißchen mehr Kraftunterstützung haben, so bietet sich der Umbau von Bremskraftverstärker und Hauptbremszylinder aus dem späten W126 oder dem R129 an.


Eventuell muß man eine Bremsleitung vom Hauptbremszylinder zur ABS-Pumpe erneuern, weil manche Hauptbremszylinder den Ausgang für den Vorderachskreis links und andere ihn rechts haben. Ein Umbiegen der alten Leitung würde ich nicht durchführen.

Die Leitung für den Hinterachskreis kann man durch Biegen anpassen (der dicke Bremskraftverstärker bringt den Anschluß vorne am Hauptbremszylinder noch ein Stück weiter nach vorne), oder man erneuert auch diese Leitung.


Querlenker Vorderachse

Der vordere Querlenker mit gepreßtem Traggelenk ist eine solide Konstruktion und wurde identisch(!) im 190 Vergaser, im frühen 500E und im R129 verbaut. Es unterscheiden sich einzig die Gummibuchsen in ihren Dimensionen und Härtegraden. Ein besonderer Querlenker ist also i.a. bei einem Bremsenumbau nicht notwendig.


Eine mögliche Ausnahme ist zumindest die frühe 24V-Bremse.

Bei meinem 300TE mußte ich die Querlenker mit geschweißtem Traggelenk verbauen, weil die Bremsscheibe am Traggelenk anlag und sich nicht montieren ließ. Erst mit den anderen Querlenkern ergaben sich ein paar Millimeter Luft.


Die Brembo- oder ATE-Sättel und die 300mm Scheibe lassen jedoch sich problemlos auf den Querlenker mit gepreßtem Traggelenk verbauen.


Erfahrungen mit den Umbauten

Ich habe mit allen drei Varianten Erfahrungen gemacht.


Zusammen mit „Dennis 190D“ bauten wir auf seinen 190D die vordere Bremse aus einem 300E (baugleich 190E 16V), was nach kurzer Zeit eine gute, feste und belastbare Bremse für den kleinen Ölbrenner ergab. Auch auf verschiedenen Rennkursen bewährte sich diese Anlage, wobei es beim OM601 oftmals reicht, vor der Kurve kurz den Gasfuß zu lupfen, richtig gebremst wurde eher weniger. Spaß machte es trotzdem riesig.


Meinen 300TE baute ich vorne auf die Vierkolben-Festsattel-Bremse des 300TE-24 um, zusammen mit den benötigten Querlenkern und Felgen. Dieses Fahrzeug bewährt sich nun seit fast zehn Jahren im Alltagsbetrieb und bremst nach wie vor excellent. Es ist die beste Modifikation (ok, der Einbau der Standheizung war auch eine spürbare Verbesserung), die ich an diesem Fahrzeug durchgeführt habe.


Mein 190E 2.3-16 wurde auf die EVO-II-Bremsanlage vorne und hinten umgerüstet, nachdem die neuwertige Serienanlage nach 15 Minuten engagiertem Fahrens auf dem Lausering wegen Überhitzung versagte. Das Pedal fiel durch, die Bremswirkung war weg, das alles passierte mit Billigreifen!


Die EVO II Bremse arbeitet seither sehr ordentlich, hat auch schon manche Stunde auf der Rundstrecke absolviert, ist aber im Pedalgefühl nicht so angenehmt fest wie die Anlage im 300TE.

Hinten habe ich zwischenzeitlich auf die Bremse vom 300TE-24 (42mm Kolben und belüftete Scheiben) aufgerüstet, was eine erneute Verbesserung der Bremsleistung ergab, man spürt deutlich, wie das Fahrzeug hinten stärker abbremst.


Dennis190D hat sich inzwischen einen 190E AMG 3.2 zugelegt, der dann auch auf EVO II Bremse aufgerüstet wurde. Im Straßenverkehr ist diese Bremse den Fahrleistungen völlig gewachsen, mal sehen, wie sie sich 2011 auf dem Hockenheimring schlägt.


Felgen und Reifen

Größere Bremsen benötigen Platz!


Für die Ausbaustufe 1 werden zumindest 15"-Felgen benötigt, entweder vom 300E oder vom Sechzehnventiler.


Die 24V-Bremse paßt sauber nur unter die 15"-Felgen des 24V, diese sind innen weiter ausgekratzt, um dem größeren Sattel Platz zu geben. Es gibt diese Felgen in 6,5" Breite (standard) oder in 7" Breite für die Ausstattungsvariante sportline, beide passen über die Bremse.

Beim Sechzehnventiler reichen 10mm Spurplatten zwischen 24V-Bremse und Originalfelge des 16V, beim 300TE mit dessen Originalfelgen reichte das nicht.


Die große Bremse mit 300mm Scheiben braucht die 16"-Felgen vom 500E oder R129, 8x16 ET 34, erhältlich mit acht Löchern oder als Gullideckel mit 15 Löchern.

Die originale EVO II Felge mit 8.25x17 paßt selbstverständlich auch über die EVO II Bremse – Vorsicht, die später angebotenen Felgen im sog. EVO II Design aber mit den Maßen 7.5x17 passen nicht über die große Bremse des EVO II.


Bei Felgen aus dem Zubehörhandel muß man von Fall zu Fall prüfen, ob die Wunschfelge über die große Technik paßt, allgemeine Aussagen kann man nicht machen.


Größere Felgen erfordern meist auch größere Reifen, in der Gesamtkalkulation muß man auch daran denken.


Radträger, Naben, Luftleitbleche / Ankerbleche, Verschleißsensoren

Die größeren Bremsen passen auch auf die kleinsten Naben, vorne wie hinten, von daher gibt es kein Problem.


Größere Naben vorne haben größere Radlager und passen wieder nur mit größeren Radträgern zusammen. Die Radlager vorne sind aber ausreichend dimensioniert, so daß eine Aufrüstung nicht notwendig ist.


Hinten gibt es nur zwei Sorten Radlager, die schmalen in Limousinen und Coupés, die breiten in den T-Modellen. Auch hier läßt man i.a. alles so, wie es war.


Problematisch sind die Luftleitbleche vorne sowie die Ankerbleche hinten, die an die werksseitig verbaute Scheibengröße angepaßt und damit bei einer Aufrüstung zu klein sind.


Vorne kann man das Luftleitblech vorsichtig nachbiegen, um einer größeren Scheibe Platz zu verschaffen. Andererseits lassen sich die Bleche leicht wechseln, man muß nur die Radnabe mit dem Lager demontieren.


Hinten kann man das Ankerblech nicht verbiegen, weil der Radträger direkt dahinter liegt.

Entweder klopft man den Wulstrand also mit einem Hammer platt oder schneidet ihn mit einer kleinen Flex oder einem Dremel ab, um der größeren Scheibe den benötigten Platz zu geben.


Ein Wechsel der Ankerplatten ist nur möglich, wenn man die Nabe zieht – und dabei zerstört man das hintere Radlager. Sind aber so nach 300tkm irgendwann mal die hinteren Radlager fällig, sollte man gleich die größeren Ankerbleche verbauen.


Sofern man einen Festkolbensattel vorne verbaut, benötigt man die passenden Anschlüsse für die Verschleißsensoren der Bremsbeläge.


Bei der Schwimmsattelbremse findet sich nur ein Sensor in einem Belag, während die Festkolbensättel einen Sensor in jedem Belag vorsehen. Man könnte jetzt natürlich zaubern und sich mit einem Sensor behelfen (besser einer als gar keiner), allerdings paßt das Anschlußstück vom Kabelsatz nicht auf den Festkolbensattel.


Also sollte ein passender Kabelsatz Bremsverschleißsensoren auf die Einkaufsliste!


Bremsenkühlung / Bremsflüssigkeit

Sofern man das Fahrzeug tatsächlich fordert, also z.B. ab und an über einen Rennkurs hetzt, wird die Bremsenkühlung wichtig.


Die Bremse wandelt bekanntlich Bewegungsenergie in Wärme um, je größer die Leistungsfähigkeit der Bremse, desto mehr Wärme entsteht, die abgeführt werden muß.

Die Standfestigkeit einer Bremse hängt davon ab, daß bestimmte Temperaturen an den Bremsbelägen und -scheiben nicht überschritten werden, auch daraus ergibt sich, daß die Wärme abgeführt werden muß.


Die vorderen Luftleitbleche sind nach innen hin ausgebeult, um unter dem Fahrzeug Luft aufzunehmen und auf die Bremsscheibenmitte zu leiten. Man sollte daher diese Bleche soweit nach innen biegen, daß sie etwas aus der Felge herausstehen und tatsächlich Fahrtwind aufnehmen können. Vermutlich wird ein größeres Luftleitblech auch mehr Kühlluft aufnehmen, als ein kleines, es gibt die Bleche ja in verschiedenen Varianten.


Im Rennsport wird Luft aus dem Bereich der Fahrzeugfront mittels Schläuchen und Adaptern direkt bis auf die Bremsscheibe geleitet. Die Kühlleistung eines solchen Systems ist optimal, jedoch ist die knickfreie Verlegung der Schläuche auch für große Lenkwinkel (wie man sie z.B. beim Einparken am Straßenrand benötigt) nicht einfach. Aus dem Baukasten mit Serienteilen wird man jedenfalls hierzu nichts mehr finden.


Die hintere Bremse ist auch im aufgerüsteten Zustand weniger belastet, als die vordere und bedarf daher keiner besonderen Kühlung.


Allerdings stellte ich fest, daß die 42er Kolben hinten mächtig Abrieb erzeugen und die relativ kleinen Klötze auffällig viel Verschleiß haben.


Wie im Bremsentuning beschrieben, ist Bremsflüssigkeit nach DOT 4 vorgeschrieben und meist auch ausreichend.


Sofern man den nutzbaren Temperaturbereich nach oben verschieben will und Bremsbelag und -scheibe dies mitmachen, kann man auf DOT 5.1 oder ATE Super Blue Racing ausweichen. Diese Bremsflüssigkeiten haben dieselben chemischen Eigenschaften wie DOT 4, sind also auch damit mischbar wenn's sein muß, haben aber einen deutlich höheren Siedepunkt.


Bremsflüssigkeit nach DOT 5 ist für den Rennsport und hat in Straßenfahrzeugen nicht verloren. DOT 5 ist mit DOT 4 nicht mischbar, also Vorsicht.


Der Amtsschimmel wiehert!

Bremsen sind neben der Lenkung das wichtigste Bauteil des Fahrzeuges. Ein starker Motor macht sicherlich Spaß, eine richtig funktionierende Bremse rettet jedoch Leben.

Fehler können Leben kosten, das eigene, nun ja, aber auch das von Unbeteiligten.


Es ist daher selbstverständlich, daß Arbeiten an der Bremsanlage nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden dürfen. Das gilt für das Erneuern der Verschleißteile genauso wie für eine eventuelle Aufrüstung der Bremsanlage.


Über die Frage der Legalisierung sollte man sich vor Beginn der Umbauten mit dem TÜV oder der DEKRA abstimmen.

Sofern man eine Bremsanlage komplett aus einem anderen Modell übernimmt und dies auch auf geeignete Art und Weise nachweisen oder dem Prüfer zumindest plausibel machen kann, sollte es bei einer Einzelabnahme keine Probleme geben.


Zusammengestückelte Anlagen sind immer schwierig zu beurteilen. Bedenke, kein Ingenieur muß eine Veränderung am Fahrzeug als unbedenklich einstufen, aber Du willst die positive Abnahme haben!


Den besten Eindruck macht man natürlich immer mit einem technisch gepflegten Fahrzeug, bei dem die Umbauten erkennbar fachkundig durchgeführt worden sind. Ordentliche Reifen mit dem richtigen Luftdruck sind optisch und technisch von Vorteil, eine Wagenwäsche dürfte auch nicht schaden.


Möglichst gleiche – und selbstverständlich hohe – Werte auf dem Bremsenprüfstand sind bei der Einzelabnahme genauso beeindruckend, wie bei der Hauptuntersuchung und erleichtern dem Prüfer die weiteren Entscheidungen in Deinem Sinne.


Was fehlt hier?

Da ich mich hier auf den Baukasten des Fahrzeugherstellers beschränke, finden sich keine Hinweise zu Sportbremsbelägen oder Sportbremsscheiben.


Die Adaptierung von Sportbremsanlagen von beispielsweise ap, willwood oder brembo ist ebenfalls nicht Bestandteil dieses Textes (Ausnahme ist der serienmäßige Brembo-Bremssattel des 500E / EVO II).


Es finden sich auch keine Hinweise auf Umbauten von Serienteilen anderer Baureihen (als der genannten) von Mercedes-Benz, obwohl bestimmte Bremsanlagen von späteren Mercedes-Fahrzeugen wohl auch auf die W124 und W201 adaptiert werden können. Ich habe damit aber keine Erfahrung.


Ich bin ein Freund der Wiederverwendung von Gebrauchtteilen.

Bremssättel kann man meist mit sehr gutem Ergebnis überholen, also mit neuen Dichtgummis und Staubmanschetten versehen sowie äußerlich Reinigen und ggfs. Lackieren. Eine Anleitung zur Überholung von Sätteln werde ich hier aber nicht geben.


Aufrüstmöglichkeiten für einen 500E oder einen R129 sehe ich innerhalb diese Baukastens leider nicht, da muß dann vielleicht doch ein Fremdteil adaptiert werden, der Firmenname Mov.It wurde ja bereits genannt.


Frohes Bremsen und allzeit unfallfreie Fahrt wünscht
Christian Martens